Kenneth Richard Carey
Kurzinformation
Für ihn und seine Eltern sind Stolpersteine in der Fischemäkerstraße in Goslar verlegt.
Kurzbiografie
Hier in der Fischemäkerstraße 8 führten das Ehepaar Willi und Henny Heilbrunn ein angesehenes Modegeschäft. Ihre Wohnung befand sich ebenfalls in diesem Gebäude. Zunächst berichten wir Ihnen von ihrem Sohn Kurt, welcher 1921 in Goslar geboren wurde.
Die ersten zehn Jahre seines Lebens waren zweifellos die sorgenfreiesten. Die Lebensumstände seiner angesehenen Familie, das Heranwachsen mit seinen Freund*innen und Schulgefährt*innen, gehörten zu seinen schönsten Erinnerungen.
Mit dem Aufkommen des Nationalsozialismus in den dreißiger Jahren bekam er die ersten antisemitischen Beleidigungen an den Kopf geworfen. Mit der Machtübernahme Hitlers 1933 änderte sich das Leben für den elfjährigen Kurt Heilbrunn radikal. Ein Mitschüler berichtete aus der Schulzeit mit Kurt: "Kurt Heilbrunn von dem wir natürlich alle wussten, dass er Jude war, war kein sehr starker, robuster Junge, sondern eher zart zu nennen. Besonders gefährlich war für Kurt der Schulweg. Als er merkte, dass ich ihm helfen wollte, wartete er morgens beim Denkmal auf mich. Zunächst war der Weg die Wallstraße hinunter gefahrlos, aber in der Münzstraße, da wo es eng ist, lauerten Jungen ihm auf. Dank meiner Körperkräfte gelang es mir die beiden zu vertreiben. Als ich in einer der Schulpausen den einen der Angreifer auf dem Schulhof traf, sagte ich ihm auf seine Frage, warum ich einem jüdischen Jungen geholfen hätte. 'Weißt du denn nicht, dass Kurt Heilbrunns Vater Frontoffizier im Krieg war, das verwundeten Abzeichen wegen einer schweren Verwundung bekommen hat und noch dazu das Eiserne Kreuz erster Klasse trägt?' Als sich dies in jungen Kreisen herumgesprochen hatte, hörten die Belästigungen für Kurt auf."
Jedoch war dieser Frieden nur von kurzer Dauer. Oft kam Kurt verstört und weinend nach Hause, weil ihn Schüler*innen angespuckt, geschlagen oder angerempelt haben. Kurt ging kaum aus dem Haus. Er berichtete später: "Ich saß oft in den Glaskästen unseres Geschäfts und beobachtete von dort aus den Verkehr, ohne selbst gesehen zu werden. Ich erinnere mich auch, dass ein sehr netter Junge sich zum Spielen zu mir ins Haus schleichen musste, weil er nicht wagte mit mir auf der Straße gesehen zu werden."
Bis 1937 besuchte Kurt das Ratsgymnasium. Dort gab es einen Studienrat, der Kurt bei jeder Möglichkeit hänselte und erniedrigte. Der Geschichtslehrer verwies ihn regelmäßig des Raumes und brüllte: "Heilbrunn raus! Deutsche Geschichte ist nichts für jüdische Ohren, schließ die Tür du Judenbengel!" Kurt Heilbrunn berichtete später aber auch, dass andere Lehrer ihm beistanden und ihn unterstützten. Doch die Situtation in der Schule verschärfte sich, sodass sein Vater ihn 1937 auf ein jüdisches Landschulheim bei Potsdam schickte. Im Herbst 1938 begann er seine Lehre bei Magdeburg. In Folge der Reichspogrome am 9. November 1938 und der immer größer werdenden Gefahr, beschloss die Familie, dass Kurt Deutschland verlassen müsse. Mit einem Quäkertransport gelang Kurt am 01.01.1939 die Flucht nach England. Von seiner Ankunft in England berichtete Kurt später: "Erstmals wurde man nicht wie Dreck angesehen, sondern wie ein Mensch behandelt. Man wurde als gleichwertiger Mensch behandelt." Kurt Heilbrunn nahm in England den Namen Kenneth Richard Carey an. Er kämpfte zunächst im englischen Heer als Soldat und wurde nach dem Krieg Lehrer. Seine Begründung für die Berufswahl: "Nie würde ich ein Kind behandeln, wie ich damals behandelt wurde."
Kurt Heilbrunn hat sich Zeit seines Lebens für die Versöhnung eingesetzt und auch seine alte Schule, das Ratsgymnasium, besucht, um Schülern und Schülerinnen seine Geschichte zu erzählen. Er verstarb 2002 in England.
Quellennachweis:
Adolf-Grimme-Gesamtschule Audiowalk (zuletzt eingesehen am 21.01.2025)
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