Um sich und ihre Arbeit vorzustellen, hat die DGB-Jugend Bezirk Niedersachsen – Bremen – Sachsen-Anhalt im Frühling 2025 folgende Fragen beantwortet:
Welche Rolle spielen Themen wie Antisemitismus, Israel oder jüdisches Leben in Ihrer Arbeit?
Als DGB-Jugend setzen wir uns jeden Tag für eine solidarische Gesellschaft und für unsere historische Verantwortung ein.
Wir wollen allen Formen von Antisemitismus begegnen und tun dies vor allem auf drei Wegen: (1) Unserer Jugendbildungsarbeit, (2) Veranstaltungen und Gedenkstättenfahrten & (3) unseren Jugendaustauschen mit unserer Partnergewerkschaft in Israel, der Histadrut.
Als DGB-Jugend haben wir eine tiefe Freundschaft zur Histadrut, zur HaNoar HaOved VeHalomed und zur Dror Israel. Die Freundschaft zwischen der Histadrut und dem Deutschen Gewerkschaftsbund ist über 60 Jahre alt. Schon vor der Aufnahme offizieller Beziehungen zwischen Deutschland und Israel ab 1965, fand 1961 der erste Jugendaustausch zwischen der Histadrut und dem DGB statt. Damals war es die Gewerkschaftsjugend, die Initiatorin und Treiberin dieser Freundschaft war. Bis heute hatten tausende junge Gewerkschafter*innen aus Deutschland und Israel die Gelegenheit an einer deutsch-israelischen Jugendbegegnung teilzunehmen. Diese Freundschaft sehen wir nicht als selbstverständlich an und sie erfüllt uns umso mehr mit tieferer Dankbarkeit.
Gibt es konkrete Projekte, Aktionen oder Kooperationen, die sich mit Israel oder Antisemitismusprävention beschäftigen?
(1) Jugendbildungsarbeit
Als DGB-Jugend reflektieren wir mit Schüler*innen in Seminaren die Funktionsweisen von Vorurteilen, Gewalt und verschiedenen Diskriminierungsformen, wie Antisemitismus, Antiziganismus, Rassismus und Sexismus auf Augenhöhe. Ziel ist es, eigene Standpunkte und Haltungen zu entwickeln, die einen kritischen Umgang mit den besprochenen Diskriminierungsformen und gesellschaftlichen Strukturen ermöglichen. Wir wollen die Schüler*innen aktivieren und gemeinsam Handlungsoptionen erarbeiten.
(2) Veranstaltungen und Gedenkstättenfahrten
Derzeit veranstalten wir unter anderem in Braunschweig als DGB und DGB-Jugend zusammen mit der ver.di SüdOstNiedersachsen, der Kooperationsstelle Hochschulen & Gewerkschaften SüdOstNiedersachsen, dem Forum gegen Rechts, Arbeit und Leben Niedersachsen und der Liberalen Jüdischen Gemeinde Wolfsburg – Region Braunschweig e.V. im Rahmen einer Reihe Vorträge und Veranstaltungen gegen Antisemitismus.
Immer wieder planen wir auch Gedenkstättenfahrten für junge Gewerkschaftsmitglieder. Dieses Jahr findet hierzu eine mehrtägige Gedenkstättenfahrt des Bezirkes nach Dachau statt. Unsere Gewerkschaftsjugenden nehmen darüber hinaus auch an Fahrten nach Auschwitz teil. Die Begegnungen und Studienaufenthalte sind auch durch den engagierten Einsatz von Gewerkschaftsmitgliedern ein fester Bestandteil der betrieblichen Erinnerungskultur von unter anderem Volkswagen oder Salzgitter Flachstahl.
(3) Jugendaustausche
Als DGB-Jugend Niedersachsen – Bremen – Sachsen-Anhalt organisieren wir zusammen mit unseren israelischen Kolleg*innen der Histadrut Jugendaustausche zwischen jungen Gewerkschafter*innen aus Deutschland und Israel.
Die Programme werden von der DGB-Jugend auf Bezirks- und Bundesebene in enger Partnerschaft mit vielen Bezirken der Histadrut in Israel und Deutschland organisiert. Jugendliche aus Israel und Deutschland besuchen jeweils das andere Land und lernen sich kennen.
Im Zentrum der Austausche stehen die Lebens- und Arbeitsbedingungen junger Menschen in beiden Ländern, die gemeinsame Auseinandersetzung mit der Geschichte – insbesondere die Erinnerung an die Shoa – sowie wirtschaftliche und politische Entwicklungen in Israel und Deutschland. Besonders beschäftigen wir uns mit Fragen wie: Welche Rolle kann die Gewerkschaftsjugend heute spielen, um Lebens- und Arbeitsbedingungen zu verbessern? Wie kann sie Diskriminierungsformen und ihren strukturellen Gegebenheiten entgegenwirken? Und wie kann eine lebendige Erinnerungskultur aktiv erinnern und den Anfängen entgegenstehen?
Gab es in den vergangenen Jahren internationale Begegnungen oder Austauschformate mit Bezug zu Israel?
Heute gibt es bundesweit zwischen zehn und fünfzehn Jugendbegegnungen pro Jahr. In unserem Bezirk findet jedes Jahr ein Jugendaustausch statt. Die Austausche sollen immer im Wechsel in Israel und Deutschland stattfinden.
So konnten wir 2019 zehn junge Gewerkschafter*innen aus Israel in Deutschland begrüßen. Nach der Aufhebung der pandemiebedingten Reisebeschränkungen war im Jahr 2022 wieder ein Besuch in Israel möglich. In den Jahren 2023 und 2024 konnten wir – vor dem Hintergrund des Angriffs der Hamas auf Israel und der damit verbundenen Sicherheitslage – jeweils israelische Teilnehmende in unserem Bezirk willkommen heißen. Für 2025 ist erneut eine Begegnung in Israel geplant.
Was sind zentrale Herausforderungen oder Lernprozesse bei der Vermittlung dieser Themen im gewerkschaftlichen Kontext?
Die Auseinandersetzung mit Themen wie der Erinnerung an die Shoa und jeder Form des Antisemitismus sind für unsere gewerkschaftliche Bildungsarbeit essenziell – aber auch herausfordernd.
Gerade weil Antisemitismus heute oft in kodierter Form auftritt und gesellschaftlich strukturell verankert ist, ist die politische Bildung dagegen ein langfristiger Prozess, der Zeit, Kontinuität und die Bereitschaft braucht, sich auch mit unbequemen Fragen auseinanderzusetzen. Gesellschaftlich gibt es zudem viele Wissenslücken und zahlreiche Fehlinformationen. Auch die Gewerkschaftsbewegung kann sich hiervon nicht lossagen. Unsere Bildungsangebote sollen für unsere Gewerkschaftsmitglieder, aber auch generell Jugendliche, Räume für eine differenzierte Diskussionen und solidarische Perspektiven schaffen. Ein einzelner Workshop oder eine Jugendbegegnung reichen dafür aber bei weitem nicht aus; sie können nur den Anfang darstellen.
Unsere Bildungsarbeit bewegt sich aber genau hier in einem Spannungsfeld. Der Anspruch an langfristige Bildungsprozesse und geschützte, solidarische Räume steht häufig im Widerspruch zu den Bedingungen, unter denen viele junge Menschen heute leben: ökonomischer Druck, eine hohe Taktung des Alltags und die ständige Verfügbarkeit lassen wenig Raum für tiefgehende Auseinandersetzung. Umso wichtiger ist es, bewusst Orte zu schaffen, in denen Verlangsamung, Reflexion und gemeinsames Lernen möglich sind.
Wie hat Ihre Institution auf die Ereignisse des 7. Oktober 2023 und die Folgen reagiert bzw. welche Auswirkungen hatten diese auf Ihre Arbeit?
Die Terrorangriffe der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 haben uns als DGB-Jugend auf allen Ebenen zutiefst erschüttert. Seit der Shoa sind nicht mehr so viele Jüdinnen und Juden in so kurzer Zeit antisemitischer Gewalt zum Opfer gefallen. Wir stehen geschlossen an der Seite unserer israelischen Kolleg*innen und Freund*innen – insbesondere bei der Histadrut, der HaNoar HaOved VeHalomed (Noal) und Dror Israel – und verurteilen den abscheulichen Terror entschieden.
Auf Bundesebene hat der Bundesjugendausschuss, welcher neben der Bundesjugendkonferenz, unser höchstes Gremium ist, am 18.10.2023 eine klare öffentliche Positionierung in einer umfassenden Resolution („Nie wieder ist jetzt!“) beschlossen. Hierzu tagte der Bundesjugendausschuss als Zeichen der Solidarität in Israel.
Und auch auf bezirklicher Ebene haben wir gehandelt: Während 2023 ein regulärer Austausch mit israelischen Jugendlichen bei uns stattfinden konnte, wurde das Programm 2024 – in enger Abstimmung mit unseren Partner*innen – aus Sicherheitsgründen angepasst aber eben nicht ausfallen lassen: Anstelle einer Reise nach Israel durften wir erneut israelische Teilnehmende in unserem Bezirk willkommen heißen. Für 2025 planen wir wieder eine Begegnung in Israel.
Auf lokaler Ebene unterstützen wir Kundgebungen in Erinnerung an den 7. Oktober sowie gegen jede Form des Antisemitismus und veranstalten Vorträge, wie bspw. in der Veranstaltungsreihe.
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