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Wohn- und Geschäftshaus
Wohn-/Geschäftshaus Familie Heilbrunn und Richard Löwenthal
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Wohn-/Geschäftshaus Familie Heilbrunn und Richard Löwenthal

Anschrift:
Fischemäkerstraße 8
38640 Goslar

Kurzbeschreibung

Hier in der Fischemäkerstraße 8 befand sich das Wohn- und Geschäftshaus der Familie Heilbrunn. Zunächst möchten wir Ihnen von ihrem Sohn Kurt Heilbrunn berichten, welcher später den Namen Kenneth Richard Carey annahm.
Rundgang: Schicksale jüdischer Familien in Goslar:

Station 7: Kurt Heilbrunn

Hier in der Fischemäkerstraße 8 führten das Ehepaar Willi und Henny Heilbrunn ein angesehenes Modegeschäft. Ihre Wohnung befand sich ebenfalls in diesem Gebäude. Zunächst berichten wir Ihnen von ihrem Sohn Kurt, welcher 1921 in Goslar geboren wurde.

Die ersten zehn Jahre seines Lebens waren zweifellos die sorgenfreiesten. Die Lebensumstände seiner angesehenen Familie, das Heranwachsen mit seinen Freund*innen und Schulgefährt*innen, gehörten zu seinen schönsten Erinnerungen.
Mit dem Aufkommen des Nationalsozialismus in den dreißiger Jahren bekam er die ersten antisemitischen Beleidigungen an den Kopf geworfen. Mit der Machtübernahme Hitlers 1933 änderte sich das Leben für den elfjährigen Kurt Heilbrunn radikal. Ein Mitschüler berichtete aus der Schulzeit mit Kurt: "Kurt Heilbrunn von dem wir natürlich alle wussten, dass er Jude war, war kein sehr starker, robuster Junge, sondern eher zart zu nennen. Besonders gefährlich war für Kurt der Schulweg. Als er merkte, dass ich ihm helfen wollte, wartete er morgens beim Denkmal auf mich. Zunächst war der Weg die Wallstraße hinunter gefahrlos, aber in der Münzstraße, da wo es eng ist, lauerten Jungen ihm auf. Dank meiner Körperkräfte gelang es mir die beiden zu vertreiben. Als ich in einer der Schulpausen den einen der Angreifer auf dem Schulhof traf, sagte ich ihm auf seine Frage, warum ich einem jüdischen Jungen geholfen hätte. 'Weißt du denn nicht, dass Kurt Heilbrunns Vater Frontoffizier im Krieg war, das verwundeten Abzeichen wegen einer schweren Verwundung bekommen hat und noch dazu das Eiserne Kreuz erster Klasse trägt?' Als sich dies in jungen Kreisen herumgesprochen hatte, hörten die Belästigungen für Kurt auf."

Jedoch war dieser Frieden nur von kurzer Dauer. Oft kam Kurt verstört und weinend nach Hause, weil ihn Schüler*innen angespuckt, geschlagen oder angerempelt haben. Kurt ging kaum aus dem Haus. Er berichtete später: "Ich saß oft in den Glaskästen unseres Geschäfts und beobachtete von dort aus den Verkehr, ohne selbst gesehen zu werden. Ich erinnere mich auch, dass ein sehr netter Junge sich zum Spielen zu mir ins Haus schleichen musste, weil er nicht wagte mit mir auf der Straße gesehen zu werden."
Bis 1937 besuchte Kurt das Ratsgymnasium. Dort gab es einen Studienrat, der Kurt bei jeder Möglichkeit hänselte und erniedrigte. Der Geschichtslehrer verwies ihn regelmäßig des Raumes und brüllte: "Heilbrunn raus! Deutsche Geschichte ist nichts für jüdische Ohren, schließ die Tür du Judenbengel!" Kurt Heilbrunn berichtete später aber auch, dass andere Lehrer ihm beistanden und ihn unterstützten. Doch die Situtation in der Schule verschärfte sich, sodass sein Vater ihn 1937 auf ein jüdisches Landschulheim bei Potsdam schickte. Im Herbst 1938 begann er seine Lehre bei Magdeburg. In Folge der Reichspogrome am 9. November 1938 und der immer größer werdenden Gefahr, beschloss die Familie, dass Kurt Deutschland verlassen müsse. Mit einem Quäkertransport gelang Kurt am 01.01.1939 die Flucht nach England. Von seiner Ankunft in England berichtete Kurt später: "Erstmals wurde man nicht wie Dreck angesehen, sondern wie ein Mensch behandelt. Man wurde als gleichwertiger Mensch behandelt." Kurt Heilbrunn nahm in England den Namen Kenneth Richard Carey an. Er kämpfte zunächst im englischen Heer als Soldat und wurde nach dem Krieg Lehrer. Seine Begründung für die Berufswahl: "Nie würde ich ein Kind behandeln, wie ich damals behandelt wurde."

Kurt Heilbrunn hat sich Zeit seines Lebens für die Versöhnung eingesetzt und auch seine alte Schule, das Ratsgymnasium, besucht, um Schülern und Schülerinnen seine Geschichte zu erzählen. Er verstarb 2002 in England.

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Station 8: Henny & Willi Heilbrunn - Richard Löwenthal

Wir möchten Ihnen auch von Kurts Eltern und Großvater berichten. Das Unternehmen Heilbrunn wurde als Geschäft für Tuchmanufaktur und Modewaren bereits 1883 gegründet und von Willi Heilbrunn in dritter Generation geführt. Das Modegeschäft der Heilbrunns war in Goslar sehr angesehen. Neben hochwertigen Stoffen, konnte man maßgeschneiderte Kleidung kaufen. Wie sein Vater und Großvater, gilt Willi als einfallsreicher und tüchtiger Geschäftsmann und rücksichtsvoller Chef. Die Kund*innen lobten seine fachmännische Beratung. Seine freundliche und lebhafte Frau Henny, führte im Geschäft die Kasse. Willi Heilbrunn hat im Ersten Weltkrieg als Offizier für Deutschland gekämpft. Eine Kriegsverletzung, ein Bauchschuss, belasteten ihn zeitlebens. Für seine Kriegsdienste wurde er mit dem eisernen Kreuz erster Klasse ausgezeichnet. Ab 1933 änderte sich das Leben auch für Familie Heilbrunn. Am 1. April 1933, als in ganz Deutschland zum Boykott jüdischer Geschäfte aufgerufen wurde, standen auch SA-Posten vor dem Geschäft Heilbrunns. Mit großen Schwierigkeiten überlebte das Geschäft noch einige Jahre. Wer aus Angst nicht wagte den Laden zu betreten, bestellte telefonisch. Boten brachten auch nachts die Ware zu den Kunden, damit der Einkauf unbemerkt blieb. Besondere Spitzeldienste für die Nazis soll der Gemüseladenbesitzer gegenüber geleistet haben, indem er die Kund*innen, die das Geschäft betreten haben, fotografierte. Die Angst der Kundschaft wuchs und das Geschäft lief immer schlechter.

Richard Löwenthal war der Vater von Henny Heilbrunn. Der Kaufmann zog im Alter von Duisburg nach Goslar und half seiner Tochter und seinem Schwiegersohn mit 75 Jahren noch täglich im Modegeschäft. Er blieb seinem Enkel Kurt als ein lustiger Mann mit rheinischem Humor in Erinnerung. Bei den Reichspogromen am 9./10. November 1938, wurde das Modehaus der Heilbrunns völlig zerstört und verwüstet. Henny war mit ihrem Vater in dieser Nacht alleine im Haus, da Willi auf Geschäftsreise war. Sie hören dazu einen Augenzeugenbericht: "Als die Zerstör-Kommandos kamen, hat Frau Heilbrunn ihren Mann angerufen. Am Telefon hat Herr Heilbrunn den Krach im Haus mitanhören müssen. Es war tatsächlich schlimm. Die Männer kamen nach oben, wo sie den alten Herrn Löwenthal die Treppe herunterstießen. Dann warfen die SA-Männer das eingemachte Obst in den Waschkessel mit gewaschener Weißwäsche. Viele Schaufensterpuppen, Anzüge und Stoffe wurden einfach auf die Straße geworfen. SA-Leute fuhren mit Lastwagen vor, um Sachen aus dem oberen Stockwerk zu plündern." Nachdem Willi Heilbrunn von seiner Reise nach Goslar zurückkehrte, wurde er verhaftet. Am gleichen Tag wurde er jedoch wieder freigelassen.

Die drei lebten noch länger in dem Wohnhaus, mit dessen Vermietung oder Verkauf sie ihre Auswanderung finanzieren wollten, was ihnen jedoch nicht gelang. Vom 6. Juni 1942 bis zum März 1943, dem Datum ihrer Deportation, wurden das Ehepaar Heilbrunn und Richard Löwenthal gezwungen, im sogenannten Judenhaus am Trollmönch 3 zu wohnen. Der Umzug war eine weitere Demütigung. Am 16. März 1943 wurden das Ehepaar Heilbrunn, Richard Löwenthal und Helene Lebach, eine weitere Bewohnerin des sogenannten Judenhauses, deportiert. Von Braunschweig aus wurden die vier Goslarer zusammen mit anderen älteren Juden und Jüdinnen in einen Güterzug nach Theresienstadt eingepfercht. Viele Menschen starben unterwegs, aufgrund der Strapazen der Fahrt, der Kälte, dem Hunger und Durst.
Der 81-jährige Richard Löwenthal überlebt im KZ Theresienstadt nur 27 Tage und kam bereits im April 1943 ums Leben. Im Ghetto Theresienstadt bereitete Willi Heilbrunn seine alte Kriegsverletzung starke Beschwerden, weil sie nicht ausreichend behandelt wurde. Er wählte den Freitod und sprang im Dezember 1943 aus dem dritten Stock eines Hauses. Henny Heilbrunn wurde am 28. Oktober 1944 nach Auschwitz deportiert und dort in den Gaskammern ermordet.

Wir arbeiten daran! Bald finden Sie hier Infos.

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2024-05-30T14:37:16Z
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