Junge Damen und feuchte Hände
38102 Braunschweig
Kurzbeschreibung
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Er scheint damit Erfolg gehabt zu haben. Im April 1907, kurz vor dem achtzehnten Geburtstag seiner Tochter, konnte er mit der ganzen Familie in eine etwa 320 Quadratmeter große Wohnung an der Kaiser-Wilhelmstraße umziehen. Sie wird seit Ende des Zweiten Weltkrieges Jasperallee genannt. Stadtbaurat Ludwig Winter hatte diese Prachtallee als Hauptachse eines Viertels geplant, das in erster Linie Rücksicht nahm auf die Repräsenationsbedürfnisse des zahlungskräftigen Bürgertums und des Offizierscorps. Lage und Größe der Wohnungen wurden im ganzen “Östlichen Ringgebiet” nach dem militärischen Grad der Bewohner gestaffelt. Es standen ihnen geräumige Esszimmer, Herrenzimmer und Salons für große Gesellschaften zur Verfügung. Die Dienstboten und Lieferanten mussten einen Hintereingang benutzen, die Küche befand sich oft im Keller. Die Schriftstellerin Ina Seidel berichtet: „Obgleich es ein reges geselliges Treiben gab, so bestand die Geselligkeit doch wesentlich darin, daß die ‚tonangebenden‘ Kreise der höheren Beamten, der Akademiker, der Offiziere sich nach einem festen Ritus gegenseitig zum Genuß außerordentlich nahrhafter Diners mit unzähligen Gängen einluden.“
Die neuen Nachbarn der Familie Scheyer waren arrivierte Kaufleute und Baumeister, höhere Beamte und Adelige, eine Hofschauspielerin Rupricht und der Hofballetmeister Golinelli, dessen Frau Tanzkurse für die Heranwachsenden gab. Valeska Heynemann schreibt, dass sie und Emmy Scheyer bei Einladungen „tanzen durften, mit neuen Kleidern und immer denselben Jünglingen, die entsetzlich langweilig waren und obendrein feuchte Hände hatten.“ Sie und ihre Freundin seien wohlbehütet aufgewachsen, „aufgezogen in Anschauungen der ausklingenden viktorianischen Aera und der Plüschsofakultur, in einer kleinen Provinzstadt, welche von den Ideen der Geistesrevolution des beginnenden neuen Zeitalters kaum berührt wurde, im Bemühen uns zu braven Bürgerinnen zu erziehen.“
Quellennachweis:
Galka-Scheyer-Atlas
K. Keßler und G. Holzgang, „Galka Scheyer in Braunschweig Auf Spuren der jüdischen Kunstvermittlerin“. Bet Tfila - Forschungsstelle für Jüdische Architektur in Europa, Braunschweig, 2021. GBV
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