Synagoge und Religionsunterricht
38100 Braunschweig
Kurzbeschreibung
Emmy Scheyer und Valeska Heynemann mussten, als sie zur Schule „Kleine Burg“ (siehe 9) gingen, den vorgesehenen protestantischen Religionsunterricht besuchen und zusätzlich an den Religionsstunden teilnehmen, die am Mittwoch- und Samstagnachmittag im jüdischen Gemeindehaus neben der Synagoge stattfanden. Auch die in Braunschweig aufwachsende Nellie Bruell, später verheiratet mit dem Mathematiker Kurt Otto Friedrichs, musste diese Lektionen an der Steinstraße 4 besuchen. Sie schreibt darüber in ihren „Lebenserinnerungen“: „Ich hasste diesen aufgezwungenen Unterricht, der zwei sonst freie Nachmittage verdarb…“
Bei den Familien Scheyer und Heynemann wird es sich um assimilierte Juden gehandelt haben. Es fällt auf, dass Emmy Scheyer in ihren Briefen nie etwas über das Judentum schrieb. Ihren Vornamen Esther erwähnte sie nur ganz selten (in einem Schreiben an die Maler ihrer Gruppe „Die Blaue Vier“ nannte sie sich einmal „Minister des Äußeren Emmy Esther S.“, ein anderes Mal bat sie darum, die Schwächen „der kleinen eitlen Esther Emy“ zu verzeihen). 1919 forderte sie Jawlensky auf, Geduld zu haben, sie habe „keine jüdische Hast“. Beten habe sie durch ihn gelernt. Dabei war Jawlensky russisch-orthodoxer Christ. In ihrem Testament verfügte sie, dass ihr Leichnam eingeäschert und die Asche verstreut werde, niemand dürfe zugegen sein – drei Forderungen, die jüdischem Brauchtum nicht entsprachen.
Auch ihre Freundin Valeska Heynemann schilderte die Distanz, die ihre eigene Familie zum jüdischen Leben hatte. So habe es ihre Mutter vermieden, in die Braunschweiger Synagoge zu gehen. Ihr Vater sei nur an Jom Kippur dorthin gegangen und habe dabei immer Schwierigkeiten gehabt, den für ihn vorgesehenen Sitzplatz zu finden. Deshalb habe sie einmal ein Bild gemalt, das genau das darstellt: ihren Vater, wie er in der Braunschweiger Synagoge seinen Sitzplatz sucht und wie er als einziger den Tempel verlässt, verfolgt von den Blicken einiger Anwesenden.
Die Synagoge wurde während des Judenpogroms 1938, zynisch und beschönigend „Reichskristallnacht“ genannt, zerstört und zu einem Bunker für arische Braunschweigerinnen und Braunschweiger umgebaut. Das jüdische Gemeindehaus blieb unzerstört, es wurde aber bis 1945 als Polizeirevier missbraucht.
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